Zwei Elefanten statt drei Sterne
Unsere nächste Haltestelle ist von Chiang Mai aus nicht weit entfernt. Nach nur einer knappen Stunde Autofahrt kommen wir bei Isi und Bunam an. Das sind „unsere“ beiden Elefanten für die nächsten Tage.
Siphons werden überbewertet
Unsere Unterkunft im Thai Elephant Home ist eher bescheiden und zweckmässig. Die Hütte steht auf Stelzen und die Wände sind aus Bambus. Dafür scheinen die Matratzen aus Teakholz fabriziert zu sein… Da der Boden aus Brettern zusammengenagelt ist, knarrt es bei jedem Schritt und am Morgen sehen wir durch die Ritzen im Boden, wenn es langsam hell wird draussen. Heizung ist natürlich nicht vorhanden. Isolation auch nicht. Ihr denkt jetzt vielleicht: „Ist doch egal im tropischen Dschungel!“ Falsch. In der Nacht haben wir etwa 10 Grad und die Waterproof-Expeditions-Jacke ist deshalb einmal mehr Gold wert!
Aber wir haben halbwegs warmes Wasser, denn schliesslich ist extra ein „western-style“ Badezimmer angebaut! Dieses ist sogar gemauert; allerdings mit recht kreativem Abschluss zum Dach hin. Mit Socken sollte man nicht Zähne putzen, denn das Wasser läuft aus dem Lavabo einfach unten raus auf den Boden und dann in der Mitte des „Badezimmers“ in den Abfluss. Aber das ist alles egal! Wer braucht schon Sterne, wenn er Elefanten hat? Schliesslich sind wir nicht zum Ferien machen im Hotel, sondern um etwas zu lernen im Camp. Ausserdem haben wir hier im Gegensatz zu Hong Kong weder Platzangst noch befürchten wir den Einsturz des Gebäudes :-).
Kletterpartie
Unseren ersten Tag verbringen wir zusammen mit Tagestouristen aus Chiang Mai. Wir sind ein buntes Grüppchen von jung bis alt und von Japan bis Brasilien. Wir alle werden zunächst einmal elefantentauglich neu eingekleidet. Danach gibt’s Theorieunterricht und wir lernen die ersten Befehle für unsere Elefanten: „map long“ fürs Auf- und Absteigen, „bai“ fürs Vorwärtsgehen, „how“ fürs Stoppen.
Dann endlich geht’s los! Blöd nur, dass genau ich die grösste, älteste Elefantendame zugeteilt bekomme. Bunam ist 45 Jahre alt und momentan schwanger. Sie trägt ihr Baby schon ein Jahr mit und bekommt es erst in etwa zehn Monaten. Selbst wenn sie sich für mich zum Aufsteigen extra hinlegt, ist es nicht ganz einfach raufzuklettern. Und allzu häufig sollte man eine grosse, trächtige Elefantenkuh nicht in die Knie zwingen. Das heisst, den Rest des Tages wird’s noch viel höher zum Aufsteigen. Und wieder runterkommen ist auch nicht ganz ohne… Tina hat’s dagegen mit Isi ziemlich easy :-). Isi ist mit ihren neun Jahren ein Teenagergirl und noch ein ganzes Stück kleiner als Bunam. Isi hat auch noch einen Extratrick drauf: Auf das Kommando „tschupp tschupp“ knutscht sie einem ab!
Geschirrspüler auf vier Beinen
Fürs Raufkommen ist Bunam zwar die grösste Herausforderung, aber sie ist auch die Gutmütigste und Erfahrenste, was es für mich auf der Tagestour durch den Wald echt einfach macht. Nach einer Stunde spüre ich allerdings jeden einzelnen Muskel in den Oberschenkeln und im Rücken! So locker, leicht und bequem wie es aussieht, ist Elefantenreiten definitiv nicht! Zwei Stunden später bin ich völlig am Ende und freue mich über den Zmittag. Ziemlich weit oben am Berg hat das Thai Elefant Home einen komfortablen Rastplatz eingerichtet. Die Elefanten werden angekettet und erhalten ihre grosse Portion Grünzeug. Bunam aber darf selber durch den Dschungel streifen und etwas zu Essen suchen. Auf Zuhruf ihres Mahouts kommt sie dann zufrieden und vollgefressen wieder angeschlendert. Wir geniessen ein warmes Nudelgericht in Bananenblättern serviert und versuchen unsere Oberschenkel zu entspannen. Das „Geschirr“ muss nicht abgewaschen werden, sondern wird einfach verfüttert. Praktisch!
Schlammpackung
Nach dem Essen ist Action angesagt. Die Elefanten dürfen sich im Dreck suhlen. Das machen sie offensichtlich recht gerne. Ihre Haut wird so vom „Mud“ vor der Sonne und vor Insekten geschützt. War ja klar, dass wir das auch für uns beanspruchen. Und so werden nach den Tieren auch die Menschen eingeschmiert. Eine Sache, die Tina besonders Freude macht. Vor allem, wenn sie mich vollschmieren kann! Erstaunlicherweise hält die Pampe wirklich die Moskitos fern und so lassen wir sie im Gesicht für die nächste Etappe runter zum Fluss. Es geht steil runter und Bunam fällt im Vorbeigehen immer mal wieder einen kleinen Baum, was der Stabilität von mir auf ihr nicht unbedingt zuträglich ist! Irgendwie gelingt es mir aber immer wieder, mich rechtzeitig abzustützen, sodass ich einen Sturz vermeiden kann.
Wasserratte
Unten angekommen sehen wir den Fluss. Aus drei Metern Höhe freue ich mich, keine nassen Füsse zu bekommen. Bis ich merke, das ausgerechnet Bunam Wasser liebt und mit Wonne mal schön untertaucht. „Pflutschnass“ waschen wir dann alle unsere Gesichtsmasken ab während die Elefanten baden. Einige der Gruppe lassen ihr Gesicht dann auch von ihren Schützlingen waschen per Elefantendusche. Und das funktioniert dann so: Man nehme einen Elefantenrüssel, lasse ihn Wasser aufsaugen und ins Gesicht wieder ausprusten.
Reis kochen ohne Topf
Am Abend steht Kochen auf dem Programm. Zum Mahoutkurs gehört auch mit dazu, die Zubereitung ein paar traditioneller Gerichte am offenen Feuer zu lernen. So kommt es, dass Tina und ich zum ersten Mal einen Kochkurs besuchen. Okay, einen Minikochkurs. Wir sind mittlerweile nur noch zu dritt, nachdem die Tagestouristen zurück nach Chiang Mai gefahren sind. Die Dritte im Bund ist Iku aus Japan, die schon zum vierten Mal ihre Ferien hier verbringt. Am ersten Abend machen wir „Stangenreis“: Man nehme ein Bambusrohr, fülle es mit Reis und Wasser und verstopfe das Ende mit einem Bananenblatt. Nun kann man das Ganze zum Garen aufs Feuer legen. Nach 25 Minuten den Bambus einfach spalten und raus kommt Reis am Stück.
Cleaning Elefants
Es ist in der Zwischenzeit Abend geworden und wir geben „unseren Tieren“ um 20:00 Uhr nochmals eine Fuhre Gras. Kurz danach legen wir uns hundemüde auf die Bretter!!! Für den Morgen steht auf unserem Tagesprogramm „cleaning elephants“ um 7.00 Uhr. Man hat uns am Abend vorher mitgeteilt, wir können dann am Treffpunkt sein, grundsätzlich sei der Termin aber freiwillig. Ich bin natürlich Feuer und Flamme für das Elefanten Waschen und vor meinen geistigen Auge habe ich schon den Wasserschlauch in der Hand. Tina bleibt lieber noch unter den drei warmen Wolldecken. Bei den Elefanten angekommen, rüstet man mich mit Schaufel, Besen und Garette aus und ich merke schnell, dass mit „cleaning elephants“ eher der Boden unter unseren neuen Freunden gemeint ist und nicht deren Haut… Elefanten fressen immerzu. Den ganzen Tag umd fast die ganze Nacht. Sie vertilgen 10% ihres Körpergewichts pro Tag und schlafen wenn überhaupt nur ca. 4-5 Stunden. So sieht’s auch aus. Da gibt’s ordentlich was wegzuschaufeln!
Brötle zum Zmorge
Zum Zmorgen gibt’s entweder Reissuppe oder Toast mit Butter und Konfi. Den Toast kannst du mit einem Bambusstock über dem Kohlekessel rösten. Es ist fast ein wenig wie Cervelat brötle. Nach dem Frühstück gibt’s jeweils eine neue Mahout-Lektion. Wir üben zwei weitere Varianten, wie man auf einen Elefanten aufsteigen kann, ohne dass der sich extra hinlegen muss und wir lernen weitere Befehle im Umgang mit den grossen Grauen. Tina bekommt schon am zweiten Tag den Job, den neuen Tagestouristen das Gelernte zu demonstrieren. Das klappt natürlich hervorragend; die meisten von euch wissen ja, was sie ursprünglich von Beruf ist 🙂
Bananen ziehen immer
Das Programm der Tagestouristen läuft immer etwa gleich ab: Tenue fassen und umziehen, Einweisung, Haftungsentlastungsformular ausfüllen, Taschen mit Bananen füllen usw. Unter anderem wird wie hier in Thailand üblich auch gebetet. Klar auch, dass die Gottheit hier Ganesha ist; der Gott mit dem Elephantenkopf. Zu diesem Zweck gibt es extra einen Minitempel mit Ganesha-Statue, vor die man hinsteht, ein kurzes Gebet spricht und ein Räucherstäbchen entzündet. Klar auch, dass man dazu die Schuhe auszieht. Heute sind in der Gruppe auch sechs Amerikaner aus dem Four Seasons angereist (dreimal Marke „Ken und Barbie“). Trotz mehrmaliger Aufforderung, vor dem Betreten des Tempels doch bitte die Schuhe auszuziehen, kam man dieser Bitte nicht nach. Wir müssen und wollen unsere Schuhe nicht ausziehen, war so der Grundtenor. Ich denke an den bevorstehenden Schlammtümpel und den Fluss und versuche, mir die Gesichter von Mister und Misses Reich und Schön vorzustellen, wenn sie völlig versaut und verdreckt wieder zurück kommen ;-).
Tina und ich nehmen heute mit Bunam und Isi eine andere Route als die Tagesgruppe und reiten ein paar Stunden durch den dichten Urwald. Bunam räumt mal wieder den halben Wald ab. Ich versuche mich an den neuen Befehlen und stelle fest, dass ohne meinen Mahout Bunam mich recht hängen lässt. Zum Glück ist er aber immer in der Nähe und kann wenn nötig eingreifen. Nur mit leckeren Bananen halte ich sie einigermassen auf Kurs. Nach einem erneuten Bad in einem etwas kleineren Fluss kommen wir am Nachmittag wieder ins Camp zurück.
Bastelstunde im Kochkurs
Fürs Nachtessen müssen aus Bananenblättern Schiffchen gebastelt werden. Die Frauen der Mahouts zeigen uns, wie das geht. Gar nicht so einfach. Vor allem, wenn die Behälter auch noch dicht sein sollten. Es gelingt uns mehr schlecht als recht zwei, drei Böötlein zu fabrizieren und füllen diese nun mit aufgeschlagenen Eiern. Die Teile werden jetzt wieder in die Kohle gelegt und bald schon riecht es herrlich nach “ Znacht“.
Ach ja, bevor ich’s vergesse: Eine Barbie hat sich dann doch etwas angestellt und den Elefanten unfreiwillig verlassen, was wohl zu etwas Kopfschmerzen, blauen Flecken und total versauter Kleidung geführt hat. Ihr Mahout hat mir dann noch erzählt, dass das Erste, was sie nach dem Sturz gesagt habe „I need a Helicopter!“ war. Vielleicht hat ja Ganesha da etwas nachgeholfen!? Nun wie auch immer, wir mussten etwas Schmunzeln und hatten so unsere Feierabendgeschichte…
Als ich im Bett liege, tut mir alles weh. Entweder wegen dem Muskelkater vom Elefantenreiten oder dem Rückenweh vom „Brettbett“ oder von beidem.
Abschied fällt schwer
Am nächsten Tag tritt dann Tina zum „Cleaning elephants“ an und ich bleibe liegen. Danach stürzen wir uns auf den Toast. Danach gibt es noch die letzte Lektion Mahoutsprache und schon sind die Daytouris wieder da. Natürlich sind wir nun schon richtige Profis. Tina turnt wieder auf Isi rum und zeigt der neuen Gruppe, wie man z.B. auch über den Rüssel auf einen Elefanten steigen kann. Die Teilnehmer sind begeistert und klatschen alle wie wild und ich bin ganz stolz.
Heute ist nun wirklich auch noch das Waschen der Elefanten angesagt. Bunam findet es mindestens so toll wie ich! Vor allem Trinken direkt ab dem Schlauch ist natürlich recht komfortabel. Nass, aber sauber verlassen wir das Camp und spazieren auf einer Halbtagestour mit unseren beiden Schönheiten durch den Dschungel. Ich für mich habe heute beschlossen, zu Fuss zu gehen, schlicht und einfach, um meinem Hintern etwas Erholung zu gönnen. Tina kann deshalb den Platz auf Bunam erben und auch mal auf einem grossen Elefanten reiten, was sie sichtlich geniesst.
Müde, aber glücklich kommen wir am Nachmittag wieder zurück und geniessen noch etwas das Campleben. Am späten Nachmittag bekommen wir ganz stolz unser Mahout Diplom.
Elefanten sind sehr feinfühlige, zarte Geschöpfe mit einem sehr sensiblen Charakter. Wir haben uns sehr wohlgefühlt bei ihnen und möchten diese Erfahrung niemals missen. Es war ein tolles Erlebnis! Hier noch ein kleines Video (6 Minuten).
Der Abschied fällt zwar schwer, aber wir freuen uns riesig auf ein warmes, weiches Bett :-)!