Warum heisst der Regenwald Regenwald?
Als wir im malaysischen Teil der Insel Borneo in Sandakan landen, empfängt uns ein netter Guide, der uns diverse Unterlagen über unsere geplante Tour durch den Regenwald aushändigt. Dichtes Programm und allerlei Regeln und Haftungsausschlussformulare studieren wir auf der Fahrt nach Sepilok. Das ist ja fast wie beim Tauchen :-)! Es liegt auch eine Liste mit dabei, welche Ausrüstung man selbst mitbringen muss:
1. trekkingshoes or walkingshoes – Unsere Turnschuhe werden hoffentlich reichen!? Wohl eher nicht, denn schon auf dem nassen Holzsteg vor unserem Zimmer rutschen wir wie auf Schlittschuhen…
2. waterproof bag – Juhuuh, haben wir!
3. binocular – Die Nikon mit dem guten Zoom wird wohl den Zweck auch erfüllen, so dass wir ein paar Affen und Vögel oben in den Baumwipfeln zu Gesicht bekommen.
4. rainjacket or raincoat – Haben wir beides nicht. Wir sind zwar für unter Wasser ausgerüstet, aber nicht für Wasser über Wasser…
5. long pants/trowsers – Uff, wieder mal etwas, womit wir dienen können.
6. waterbottle – Das ist einfach: wir behalten einfach die nächste Petflasche zum Wiederauffüllen.
7. leech socks – Was soll denn das bitteschön sein?!
Smokie forever
Okay. Wir sind ja noch zwei, drei Tage in Sepilok bevor’s dann richtig in den Dschungel rein geht. Dann fahren wir halt nochmal in die Stadt zurück und begeben uns auf Einkaufstour. Gesagt, getan! Auf der Fahrt nach Sandakan werden wir bestens unterhalten, da der malaysische Taxichauffeur seinen iPod angestöpselt hat. Zu Pedros Entzücken ist er ein grosser Smokie-Fan ist. Und zu meinem Entzücken singen die beiden laut mit bei Mexican Girl, Oh Carol oder Living next door to Alice. In der Stadt dauert es keine zehn Minuten bis wir in den ersten Wolkenbruch kommen. Ich erstehe einen Knirps für umgerechnet gerade mal einen Franken. Dafür muss ich ihn nach jedem kleinen Windstoss wieder zurechtbiegen :-), aber ich bleibe zumindest am Oberkörper einigermassen trocken. Pedro entscheidet sich gegen den Schirm und für den warmen Regen. Weniger warm ist es anschliessend im nassen Hemd im klimatisierten Restaurant. Zum Glück gibt’s Stoffservietten. Die kann man über den Rücken gelegt schliesslich auch als Kälteschutz brauchen, oder?
Shopping in Malaysia
Trekkingschuhe kaufen auf Borneo (wenn man sich nicht gerade in Kota Kinabalu aufhält) ist gar nicht so einfach. Modelle gibt es zwar genug und bei mir geht’s auch ruckzuck. Aber in Malaysia ist Schuhgrösse 43 etwa wie bei uns 50 oder so. Pedro probiert das ganze Sortiment durch. Die Verkäuferinnen steigen auf ihren Leitern rauf und runter. Ich schaue mir inzwischen Schaufenster an und wundere mich, dass die hier überall so viele Miniröcke in hundert verschiedenen Farben anbieten. Pedro probiert immer noch Schuhe und kurz vor dem Aufgeben passt ein Paar! Juhuuuhhh! Und ich habe inzwischen rausgefunden, dass das gar keine Miniröcke sind, sondern Kopftücher :-)!
Göttikind für die Tauchschule
Nun haben wir also beide richtig gute, gortex-mässige, rutschfeste, malaysische oder philippinische Dschungelschuhe für je 25 Franken. „Mission Schuhe“ ist also erfüllt. Regenmäntel kann man anscheinend später in den Lodges direkt bei Bedarf kaufen und Leech Socks ebenfalls (was auch immer das ist). Das Dschungelabenteuer kann also losgehen. Aber zuerst besuchen wir die Orang Utans im Rehabilitation Center direkt neben unserem Zimmer in Sepilok – schliesslich sind wir wegen ihnen nach Borneo gekommen. Wir verpflichten uns als Paten eines kleinen Orang Utan Mädchens. Sie ist eine kleine Wasserratte und schwimmt liebend gerne, obwohl Orang Utans eigentlich gar nicht schwimmen können. Schon im Zürizoo können wir den Orang Utans lange, lange zuschauen und hier in ihrer Heimat ist das doppelt schön. Ob wir sogar das Glück haben werden, sie auch noch in freier Wildbahn anzutreffen, werden wir sehen. Auf jeden Fall sind wir sehr gespannt, was uns im Regenwald alles erwartet…
Welche Farbe darf’s denn sein?
Uns erwartet zunächst vor allem Eines: Regen. Der Regenwald hat seinen Namen also definitiv verdient! In der Nacht hämmert der Regen so laut aufs Dach unseres Zimmers, dass wir trotz Oropax kaum ein Auge zukreigen. Pedros Uhr ist die meiste Zeit im Tauchmodus – wohlverstanden über Wasser. Innert drei Tagen stocken wir unseren Regenschutzbestand von Null auf Sechs plus Schirm auf. Zunächst erstehen wir zwei Notfall-Regenponchos für je fünf Ringit (das ist etwa 1.25 CHF) im Stil von zwei hellblauen Kübelsäcken. Danach steigern wir uns auf zwei Plastikregenmäntel in Knallgelb – nicht gerade ideal, um sich im Dschungel unauffällig an Affen und Vögel heranzuschleichen und ausserdem könnten die Dinger auch als mobile Sauna durchgehen. Deshalb schlagen wir sofort zu, als wir in der nächsten Lodge zeltgrosse Pellerinen in Vogelkundler-Grün entdecken und investieren nochmals zweimal drei Franken fünfzig. Zusammen mit dem Knirps aus der Stadt, sind wir nun also bestens ausgestattet und eigentlich sollten wir nun einigermassen trocken bleiben. Eigentlich. Denn Regen ist nicht gleich Regen. Der Regen, den wir auf Borneo erleben, fühlt sich etwa so an, wie wenn ihr euch direkt unter den Rheinfall stellt. Und so verbringen wir nach den Erkundungstouren immer mal wieder eine halbe Stunde mit Kleider trocken föhnen. Und da, wo es keinen Haarföhn gibt, gehen uns langsam die trockenen Kleider aus, denn bei dieser Luftfeuchtigkeit trocknet ja nichts. Im Neopren mit Taucherbrille wären wir effektiv passender und bequemer angezogen :D!
Tauchen über Wasser
Auch sonst hat unsere Tour durch den Rainforest so Einiges mit einer Tauchsafari gemeinsam: Der Tag ist organisiert wie ein Tauchtag auf dem Schiff. Am Morgen früh gibt’s zunächst eine Early-Morning-Erkundungstour (je nach Lodge zu Fuss oder mit dem Boot Tiere beobachten), danach grosses Frühstück, wieder eine Tour, Zmittag, Erkundungstour am Nachmittag und vielleicht auch noch einen Nachttauchgang – ähhh, Nachtspaziergang meine ich natürlich! Wie „essen-tauchen-schlafen“ nur ohne Tauchen :-). Unsere Guides Jumanji und Mike haben Augen wie Zinah und Shihan. Sie entdecken immer wieder was, das sie uns zeigen können. Wir können viele, viele verschiedene Tiere beobachten: Vögel, Insekten, Frösche, Giftschlangen, Reharten von ganz klein bis gross, Spinnen, vier Wildschweine, Warane, Fledermäuse, riesenhafte Tausendfüssler und welche Überraschung: drei Elefanten! Wir sehen ganz viele verschiedene Affenarten: Maccaquen, Redleaf Monkies und die allzeit bereiten (siehe Fotos :D) Proboscis-Affen mit ihren grossen Nasen. Und Orang Utans? Wegen ihnen wollte ich schliesslich unbedingt hierhin. Wir haben das grosse Glück, ihnen im Regenwald gleich viermal zu begegnen!
Lasst euch nicht täuschen von den Bildern! Es regnet die ersten Tage wirklich ganz viel, aber fotografieren geht halt immer nur in den Pausen zwischen dem Regen :-). Erst als wir uns so richtig an den Regen gewöhnt haben und wir voll mit unserer Regenschutzkollektion in allen Farben ausgestattet sind, hört es auf. Wir haben am Schluss noch einen wunderbaren sonnigen Tag im Danum Valley.
Unfreiwillige Blutspende
Wisst ihr inzwischen, was „Leech Socks“ sind? Nach Erhalt der Liste haben wir natürlich sofort gegoogelt. Oh, oh… Also ohne diese Socken gehe ich sicher nicht in den Dschungel! „Leech“ heisst auf deutsch nämlich Blutegel. Und die Leech Socks, sollen eben diese fernhalten. Die braucht man im dichten Dschungel anscheinend sogar bei trockenem Wetter für die Wanderungen. Wir kaufen also brav zwei Paar Leech Socks. Wir wundern uns, wie man die wohl richtig anzieht. Eigentlich wären sie besser als Weihnachtsstrumpf geeignet. Unser Guide Mike zeigt uns aber ganz genau, wie man diese komischen Socken richtig trägt. Und es hat wirklich überall Egel, die versteckt an den Unterseiten der Blätter hängen und auf ihre Opfer warten. Super, dass wir die Spezialsocken haben. Ich habe aber trotzdem einem „Leech“ Blut gespendet. Keine Ahnung, wie der an meinen Bauch gekommen ist!? Gibt es auch Leech Socks, die bis zum Kinn reichen :-)?
Chinatown auf Mabul
Nach dem Regenwald geht es wieder mit Tauchen weiter. Als letzte Tauchstation auf unserer grossen Weltreise haben wir das berühmt berüchtigte Sipadan ausgesucht. Berühmt für seine Riesenschildkröten und und die Strömungen. Berüchtigt wegen einer Entführungsgeschichte vor zehn Jahren und ebenfalls den Strömungen. Auf Sipadan wohnen kann man nicht mehr, sondern man taucht dort von Mabul oder Kapalai aus. Wir sind auf der Insel Mabul im Smart Land Resort untergebracht. Schon beim Einchecken wundern wir uns über die vielen Chinesen, die alle nach Sipadan zum Schnorcheln wollen. Habt ihr schon mal Chinesen (die ja meistens nicht schwimmen können) schnorcheln gesehen? Wenn nicht, dann habt ihr was verpasst. Ist ziemlich witzig. Und ziemlich orange. Vor lauter Rettungsringen und Schwimmwesten :-)! Wir denken uns schon, dass es dann wohl mit der Strömung auf Sipadan nicht so schlimm sein kann. Und so ist es dann auch. Schlimm ist allerdings unser Bungalow im Smart Land Resort. Wir haben für euch ein paar wunderschöne Detailaufnahmen vom Bad gemacht :-). Ob wohl die Zimmer im Smart Waterbungalow Resort auf der anderen Seite der Insel smarter sind? Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Nach der Besichtigung ist unser Umzug dahin beschlossene Sache und wir bekommen ein süsses Häuschen mit Blumengarten in der türkisblauen Lagune. Hier lässt sich’s sehr gut leben. Hat es hier auch weniger Chinesen? Nein, definitiv nicht. Und sie wundern sich über uns europäische Taucher genauso wir uns über sie.
Die Schildkröten von Sipadan
Wir erleben in Sipadan einige wunderbare Tauchgänge mit grossen, dichten Barrakudaschulen und Makrelenschwärmen. Am spektakulärsten ist für uns der 90-minütige Höhlentauchgang mit Ronny in die Turtle Cave. Mit Stage bis zum engen Eingang, Stage deponieren, 45 Minuten die unzähligen Schildkrötenskelette in der grossen, weiten Höhle bestaunen und den gleichen Weg wieder zurück. Und wir wissen nun auch, warum die Turtles von Sipadan berühmt sind – nicht (nur) wegen dieser Höhle. Noch überhaupt nirgends auf der Welt sind wir so unglaublich grossen Meeresschildkröten begegnet. Sie sind einfach riiiiesig! Und es ist auch keine Seltenheit während einem einzigen Tauchgang gleich zehn oder mehr anzutreffen. Schade, dass die Sicht nicht so gut ist. Wir würden euch zu gerne eine gutes Foto mit Schildkröte und Taucher präsentieren für den Grössenvergleich.
Sprachaufenthalt
Von der Sprache her haben wir es hier gut. Wir können in Malaysia einfach die paar wenigen Wörter Indonesisch weiter verwenden, die wir in Lembeh und Gangga gelernt haben. Viel mehr als Guten Tag (selamat pagi), Danke (terima kasih) und Bitte (sama sama) können wir uns aber eh nicht merken. Aber immerhin ein neues Wort kommt zu unserem bescheidenen Wortschatz dazu: Kiblat. Kiblat steht in grossen grünen Buchstaben in einem grünen Pfeil an unserer Zimmerdecke in Sepilok. Aha, der Notausgang ist also da drüben. In jedem Hotelzimmer in Malaysia klebt der uns inzwischen vertraute Kiblat-Pfleil an der Decke. Exit heisst auf malaysisch also Kiblat. Schliesslich zeigt der Pfeil so ungefähr zur Tür. Oder zum Fenster. Aber hier in unserem Wasserbungalow auf Mabul? Sollen wir wirklich aus diesem Fenster direkt in die Lagune runter springen, wenn es brennt? Ich glaube, das Wasser ist bei Ebbe gar nicht tief genug!? Und eigentlich zeigt der Pfeil auch eher genau in die Ecke als aufs Fenster. Diesmal sieht überhaupt der ganze Pfeil anderes aus: nicht grün-weiss, sondern verschnörkelte Schrift und es ist noch ein schwarzer Würfel abgebildet. Langsam dämmert es… :-)))! Schliesslich sind wir in einem muslimischen Land. In Europa hat’s ja auch in jedem Hotelzimmer eine Bibel. Und hier ist mit Kiblat in jedem Hotelzimmer die Gebetsrichtung zur Kaaba in Mekka angegeben!
Wir tanken auf Malaysia nach dem vielen Regen auch nochmal richtig viel Sonne und geniessen unser Flohnerleben in vollen Zügen! Unsere Weltreise nähert sich aber langsam dem Ende. Letzter Halt vor der Rückkehr nach Europa ist Tokio. Mehr über diese spannende Stadt beim nächsten Mal!