Haie, sharks, requins, cá mập
Unser Sprachaufenthalt hier in Französisch Polynesien neigt sich so langsam dem Ende zu… Inzwischen kennen wir nicht nur „les balènes“, sondern können auch alle möglichen Haiarten in französisch benamsen. Es ist sogar vorgekommen, dass unsere Übersetzungskünste gefragt waren – schliesslich sind wir ja auch zwei wortgewandte Sprachtalente ;-)! Den Anfang von Polynesien in Rurutu kennt ihr ja bereits. Von den drei folgenden Wochen, berichten wir euch in dieser Folge.
Ohne Blumen geht gar nichts
Die zweite Insel, zu der wir weiterreisen, heisst Moorea und gehört zu den Gesellschaftsinseln. Am Flughafen ist es jedes Mal ein Erlebnis zu sehen, wie die Polynesier Abschiede und Begrüssungen zelebrieren. Die Ankommenden werden mit Blumenketten behangen. Wenn eine ganze Familie parat steht, um den Liebsten in Empfang zu nehmen, so bekommt dieser von jedem einzelnen einen Blumenkranz um den Hals gelegt und wird gedrückt und geherzt. Beim Abschied gibt es auch wieder viele Umarmungen und von jedem eine Muschelkette und/oder eine Blumenkette. Die Personen verschwinden zum Teil fast unter all den vielen Kränzen und Ketten. Im Flugzeug duftet es wie beim Floristen und die Ablagefächer quellen über vor lauter Blumen.
Auch wir zwei Touris tragen die Abschiedsmuscheln von Rurutu um den Hals und bekommen auf Moorea wieder eine neue Blumenkette zur Begrüssung. Da fühlt man sich gleich wieder in die Zeit zurückversetzt, als die Bounty in der Bucht von Moorea anlegte und die Meuterer baff waren vor soviel Gastfreundschaft und Schönheit.
Die Blume im Haar der Frauen, ist übrigens definitiv auch kein Klischeebild für den Reiseprospekt. Wirklich jede Frau in Tahiti trägt mindestens eine Blume im Haar – von der jungen Polizistin am Flughafen bis zur alten Landfrau in der Markthalle.
Sechs Minuten in der Luft
Der Flug von Papeete nach Moorea ist kurz. Sehr, sehr kurz. Kaum hat der Flieger von der Piste abgehoben, kommt schon der Spruch: „Wir haben mit dem Landeanflug begonnen. Bitte klappen Sie die Tische hoch…“ Wir hatten ja noch gar keine Zeit, um die Tische überhaupt runterzuklappen! Der Flug vom Abheben bis zum Aufsetzen dauert ganze sechs Minuten. Pedro meint: „Wir sind sicher die Einzigen, die hier schon aussteigen.“ Schade, dass wir nicht gewettet haben! Wenn ich für jeden, der ausgestiegen ist, eine Perle gewettet hätte, so wäre die Kette gaaaanz lang geworden :D! Ich glaube von den 70 Passagieren, sind etwa vier sitzen geblieben…
Im Gegensatz zu Rurutu sind wir hier auf Moorea im Intercontinental wirklich königlich untergebracht. Wir geniessen das verführerische Frühstücksbuffet, die Nachmittag verbringen wir faulenzend im Liegestuhl am Pool und das WiFi erlaubt es uns sogar, einmal kurz nach Hause zu skypen.
Die Zitronenhaie sind nicht die kleinen Gelben
Das Tauchcenter Topdive erwartet uns jeweils am Morgen um 7.45 Uhr zum Two-Tank-Dive – das sind zwei Tauchgänge kurz hintereinander.
Die Attraktion unter Wasser sind in Moorea die Zitronenhaie. Wir sind gespannt, ob wir diese rund 2.5m bis 3m grossen Haie wirklich zu Gesicht bekommen. Auf dem Boot fallen uns die grauen Behälter auf, welche die Guides bereitgelegt haben. Sind sind mit Sardinen gefüllt und zwar verschlossen, aber löchrig wie ein Sieb. Kaum abgetaucht, ist dann auch klar, wie sehr die Haie diesen Duft lieben! Etliche Schwarzspitzenriffhaie in verschiedenen Grössen und auch noch eine ganze Schar anderer Fische bestürmen unseren Guide François. Mit einem Zackenbarsch scheint er besonders gut befreundet zu sein. Dieser lässt sich nämlich von François knuddeln und streicheln wie eine Katze!
Und nach etwa einer halben Stunde Tauchzeit sind sie da: fünf grosse Lemonsharks kreisen dicht über dem Riff direkt vor unserer Nase und zeigen ihre ganze Pracht! Wow, die sind echt gross! Als sie merken, dass es die Sardinen in der Büchse auch in der Büchse bleiben, verduften sie wieder.
Der Rest vom Tauchen auf Moorea ist schnell erzählt: Tauchgänge zwei bis sechs sind eine Wiederholung des ersten (allerdings meist ohne Zitronenhaie). Das heisst, wir tauchen am gleichen oder an einem sehr ähnlichen Platz. Es gibt kaum Korallen, aber dafür Schwarzspitzenriffhaie ganz nah (wenn man denn nahe beim Guide taucht) und ab zu kreuzt eine Schildkröte unseren Weg.
Hier kann sich keiner verfahren
Vom Tauchen her gesehen sind wir also ganz glücklich, dass uns in Rangiroa wieder eine neue Umgebung erwartet. Rangiroa liegt im Tuamotu-Archipel und ist nach Rurutu und Moorea nochmals eine komplett andere Insel. Rangiroa ist ein Atoll und damit nur ein winzig schmaler Landstreifen, der sich kaum aus dem Wasser erhebt. Aber es gibt eine 12km lange geteerte Strasse mit regem Verkehr, aber definitiv keine Seitenstrassen. Schaut euch das mal auf Google Earth an, dann könnt ihr euch das viel besser vorstellen, wie es auf Rangiroa aussieht!
Premiere
Wie auf den Malediven, wo die strömungsreichen Kanäle am Rand der Atolle besonders spannend sind zum Tauchen, so sind es hier die Pässe bzw. natürlich les passes! Am Passe de Tiputa erleben wir eine wunderbare Überraschung: Nach bald 2000 Tauchgängen (okay, ich gebe zu, in Steckborn ist die Chance nicht sehr gross) ist es endlich soweit: Wir treffen unter Wasser zum ersten Mal auf Delfine! Sie sind neugierig und interessiert. Einige Minuten lang kreisen sechs oder sieben Delfine um uns, schwimmen auf uns zu, schauen uns genau an, schwimmen zur Oberfläche und tauchen dann wieder zu uns herunter! Juhuuuhhhh, was für ein Erlebnis!
Allerdings sind wir noch am Werweisen, ob nun die Delfine oder der anschliessende Fondant Chocolat von Alex als absolutes Highlight von Rangiroa in die Chronik eingehen soll.
Sehr viel Spass haben wir auch bei der Sprung-in-den-Pool-Foto-Session 8-D. Bei Regenwetter sind wir nämlich die Einzigen im kleinen Hotelpool und können deshalb nach Herzenslust plantschen und Arschbomben üben!
Multitasking auf der Aqua Tiki
Nach der Landung in Fakarava werden wir am 20. November am Flughafen von Polo, dem Tauchguide der Aqua Tiki in Empfang genommen. Natürlich mit Blumenketten – schliesslich sind wir ja in Polynesien! Polo ist ein Vietnamese aus Saigon, der seit vielen Jahren in Paris lebt und saisonweise immer wieder irgendwo auf der Welt als Tauchguide unterwegs ist. Wir verstehen ihn zunächst weder auf französisch (was eher an unseren Sprachkenntnissen liegt) noch auf englisch (was eher an seinen Sprachkenntnissen liegt). Zum Glück gewöhnen wir uns ziemlich rasch an den Französisch-Englisch-Mix mit Spezialakzent.
Zur Crew gehören noch zwei weitere mindestens so wichtige Personen: Der Skipper Nikolas aus Strassbourg hat die letzten beiden Saisons in Ushaia gearbeitet und ist x-mal über die Drake Passage zur Antarktis gesegelt ist – uns kann also definitiv überhaupt nichts passieren. Seine Freundin Juliette steht von morgens früh bis abends spät in der Kombüse und sorgt für unser leibliches Wohl. Zur Begeisterung von Pedro zählen Zwiebeln und Peperoni zu ihren Lieblingszutaten, aber dafür hat sie immer noch etwas Schoggiglacé für ihn in Reserve :-).
Bei nur drei Personen als Crew, müssen überall alle mit anpacken. So ist z.B. der Capitain auch Zodiacfahrer und Mechaniker (dazu später mehr!) und Polo hilft in der Küche – manchmal sogar schon fixfertig angezogen ist für den nächsten Tauchgang im Neoprenanzug mit Haube.
Baby an Bord
Wir sind insgesamt siebeneinhalb Gäste auf dem kleinen Katamaran. Alle unsere Mitpassagiere sind (genauso wie die Crew) voll sympathisch und unkompliziert! Mit von der Partie sind neben uns noch ein Paar aus Österreich, das im Engadin wohnt, ein Franzose aus Grenoble und nochmals zweieinhalb Franzosen. Zweieinhalb? Ja genau: der kleine Timothée, der zusammen mit seinen Eltern aus Paris angereist ist, wurde vor einem Monat gerade erst ein Jahr alt und zwar am 30. Oktober. Wer kennt dieses Datum? Hinweis: Meistens gibt’s dann Kuchen im Tauchshop Waterworld in Effretikon. Pedro und Timothée haben am gleichen Tag Geburtstag! Wahrscheinlich hat sich Pedro deshalb so gut als Babysitter angestellt. Der Kleine ist auch wirklich ein Wonneproppen und schon nach ein paar Stunden und spätestens nach der ersten Nacht ist bei uns allen jegliche Skepsis, ob das mit einem Kleinkind an Bord gut geht, verflogen. War ja schliesslich auch bisher noch nie ein Problem, gäll du lieber Sean!
Haie, Haie, Haie – und das ganz ohne Sardinenbüchse
Wenn wir auf Moorea das Gefühl hatten, wir seien mit vielen Haien getaucht, so wissen wir jetzt: das war gar nichts! Bereits auf dem ersten Tauchgang in Fakarava schwimmen Hunderte von Grauhaien in allen Grössen mit uns durch den Passe von Tetamanu. Man kann die Haie wirklich nicht zählen. Das Meer ist einfach, soweit das Auge bzw. die Sicht reicht, voll davon! Schön aufgereiht schweben sie in der Strömung oder schwimmen in den Canyons durch riesige Bigeye- oder Schnapperschwärmes.
Einmal können wir einen grauen Riffhai beobachten, der versucht, einen Schiffshalter an der äussersten Spitze seiner rechten Brustflosse loszuwerden. SIeht genau gleich aus, wie wenn wir versuchen, ein klebriges Bonbonpapier abzuschüttlen :D!
Im nächsten Atoll hatten dann noch zwei grosse, neugierige Seidenhaie.
Hinweis für alle Nichttaucher: Haien unter Wasser zu begegnen, ist einfach immer nur faszinierend und hat nichts Furchteinflössendes an sich. Die Haie strahlen eine solche Ruhe aus und kurven so elegant und friedlich durchs Wasser, dass man sofort von diesen Tieren begeistert ist, wenn man sie einmal in Natura erlebt hat. Durch das Medienecho von einigen wenigen Unfällen, haben diese Tiere zu unrecht ein so schlechtes Image. Es werden mehr Menschen von Getränkeautomaten erschlagen, als von Haien gebissen. Die Haie sind für das Ökosystem der Ozeane und damit auch für uns absolut überlebenswichtig. Die Tierart ist bedroht und muss geschützt werden. Mehr dazu unter sharkproject.ch
Wir betauchen die Atolle Fakarava, Kauehi und Toau. Die Riffe sind überall sehr schön bewachsen und in den riesigen Korallengärten treffen wir immer mal wieder auf einen grossen, dichten Fischschwarm und wer Napoleone mag, muss unbedingt hierhin!
Kleines gibt’s weniger zu entdecken – das wäre in der Strömung auch eher schwierig. Hauptattraktion sind definitiv die Horden von grauen Riffhaien – aufgelockert durch White- und Blacktips, Barakudas und grosse Thunas.
Zwischen den Tauchgängen lesen, schlafen und essen wir viel – also ganz normaler Tauchsafari Alltag!
Schwimmen oder weiterfahren, das ist hier die Frage…
Das einzige Sorgenkind auf der Tour ist der Aussenbordmotor des Schlauchboots. Obwohl der etwa gleich jung ist wie Timothée, kostet er Nikolas ganz schön viel Nerven – und Zeit mit Schrauberei. Selbst auf den Fahrten von der Aqua Tiki zum Tauchgang oder zurück, muss er immer mal wieder die Abdeckung abheben und irgendwas basteln, dass die Antriebswelle wieder in Schwung kommt. Der Höhepunkt der Geschichte ist dann, als der Motor des Zodiacs nach dem Tauchgang mitten im Passe de Garuae bei Wellengang und Strömung immer wieder streikt und die Zeit für lange Schrauberei definitiv fehlt. Die hohen Wellen schwappen schön von allen Seiten ins Boot und die einen von uns werden schon langsam etwas grün im Gesicht. Als Nikolas meint, wir sollen bitte schon mal anfangen, Wasser aus dem Boot zu schöpfen, tauschen wir zuerst etwas verduzt Blicke und sind unsicher, ob er das jetzt ernst meint!? Nach der nächsten grossen Welle ist klar: Oh ja, er meint es ernst, sehr ernst! Matthieu und ich (wir sind die beiden ganz hinten im Boot) schöpfen also fleissig Wasser raus. Ui, ui, ui – es schwappt ja vorweg mehr Wasser rein, als wir rauskriegen! Zwischenzeitlich steht das Wasser bei uns hinten bis Mitte Wade und wir geben mehr Gas beim Wasser schöpfen. Oh, oh, ich glaube, wir müssen irgendwie ohne Boot schwimmenderweise aus der Strömung raus… Bei diesem Wellengang? Ääähhh, muss nicht unbedingt sein. Schliesslich gelingt es Nikolas, den Motor wieder in Gang zu kriegen. Auf dem Rest der Fahrt bleibt nun die Abdeckung weg (Polo hält irgendwelche Teile von Hand zusammen) und als wir bei der Aqua Tiki ankommen, ist auch alles Wasser aus dem Zodiac geschöpft.
Kauft also einen Yamaha oder irgendwas, aber keinen Mercury ;-). Nikolas freut sich jetzt schon auf das Gespräch mit der Firma nächste Woche in Papeete. Ich glaube, der wird denen schön was erzählen! Im Nachhinein betrachtet aber definitiv eine Story, die uns als lustige Episode in Erinnerung bleiben wird!
Le vieux phare
Zurück in Fakarava haben wir noch zwei Tage in der Nähe des Dorfes und des Flughafens und Gelegenheit, zwischendurch an Land zu gehen. Was machen Herr und Frau Büchel? Natürlich einen Geocache suchen und… (juhuuuhhh) auch finden und loggen! Tatsächlich gibt es auch hier auf diesem schmalen Landstreifen in kleines verstecktes Logbuch. Es ist bei einem alten Leuchtturm, der ein bisschen an einen mexikanischen Mayatempel erinnert, versteckt. Nach dem Fund machen wir uns in der Sonne bei gefühlten 50 Grad zu Fuss auf den 2.5km langen Rückweg der Strasse entlang. Es dauert keine zwei Minuten und ein altes Pärchen mit einem ebenso alten Pick-Up hält an und fragt, ob wir auf der Ladefläche mitfahren wollen. Ja, klar wollen wir!
Beim zweiten Landausflug staunen wir auf der kleinen Perlenfarm, wie die wunderschönen verschiedenfarbigen Tahiti Perlen gezüchtet werden. Soooo viele Muscheln für ein paar wenige perfekte Black Pearls! Aber die weniger perfekten sind manchmal noch viel schöner. Pedro schenkt mir eine wunderschöne grün schimmernde Perle mit einem blauen Ring rundherum. Danke SNU!
Nüsse knacken unter dem Regenbogen
Beim dritten Landausflug geniessen wir alle zusammen inkl. Crew der Aqua Tiki im Restaurant „Teanuanua“ (heisst Regenbogen) ein wunderbares 4-Gang-Menu in einem kleinen Paradies am Strand. Alles ist liebevoll dekoriert, das köstliche Essen wunderschön angerichtet und die Stimmung fröhlich und ausgelassen. Als dann in Nachbars Garten noch die Trommelgruppe für den nächsten Auftritt übt, ist das Ambiete perfekt.
Vom Wirt bekomme ich noch einen Kokosnussknackkurs. Sehr wichtig! Denn ich liebe Kokosnüsse – in allen Varianten. Habt ihr gewusst, dass jede Kokosnuss ein Gesicht hat? Einen Mund und zwei Augen! Und an diesem Gesicht kann man sich orientieren, um die richtige Stelle zu finden für den Schlag, der die Nuss halbiert. Super, jetzt muss ich nicht mehr wie eine Verrückte drauf hauen und bibbern, ob die Kokosnuss oder die Treppenstufe bzw. Fliesenkante zuerst in die Brüche geht ;-)!
Adieu Polynesie française!
Gleichzeitig ist der Besuch des Regenbogens unser Abschiedsessen, denn schon ein paar Stunden später geht unser Flug. Nur regnet es inzwischen. Regnen ist masslos untertrieben. Es schüttet wie aus Kübeln und uns wird bewusst, wie viel Glück wir eigentlich die ganze Zeit mit dem Wetter hatten (er regnete ab und zu ein bisschen, aber meistens nur für zwei Minuten). Unser Zodiac füllt sich langsam mit Wasser – diesmal von oben. Irgendwann können wir nicht mehr auf den Regenstopp warten, weil wir sonst den nächsten Flieger nehmen müssten… Also rein ins Schlauchboot, Koffer ganz vorne, wo das Wasser nicht so hoch steht aufeinander stapeln und los geht’s. Natürlich nicht ohne herzliche Verabschiedung allerseits und die letzte Muschelkette! Patschnass kommen wir am Flughafen an und müssen uns zuerst mal aus dem Koffer trocken anziehen und kaum geschehen, scheint die Sonne wieder!
Und nun sagen wir „Nana’a“ Französisch Polynesien und „Maruru’u“ für die unvergesslichen Erlebnisse. Es war eine wunderbare Zeit!